In der Antike war Siebenbürgen das Zentrum des dakischen Königreiches (daher kommt der Name Dacia = Dakien). Kurz nach der Zeitenwende marschierten die Römer unter Kaiser Trajan ein und besiegten die Daker, zogen aber - wegen des zu aufwändigen Grenzschutzes - nach 165 Jahren schon wieder ab. Einige Römer verpassten absichtlich die Abreise, weil sie mit dakischen Frauen Familien gegründet hatten - eine Erklärung für die "Latinität" der Rumänen - trotz vieler nachfolgender Einflüsse. Die Ungarn eroberten das Land vor reichlich 1000 Jahren und rekrutierten zur Entwicklung des Landes (unter anderen) deutsche* Siedler. Gegen die Attacken kriegerischer Völker, wie Türken und Tataren, mussten gewaltige Burgen gebaut werden. Auch dafür riefen die ungarischen Könige Deutsche und zeitweilig sogar den Deutschen Ritterorden nach Siebenbürgen. Die Rumänen waren in der ungarischen Provinz Siebenbürgen die Dorfbevölkerung - und rechtlos.
*Deutschland existierte damals noch nicht, deshalb kann man diese Einwanderer eigentlich nicht als "Deutsche" bezeichnen.
Die Siebenbürger Sachsen genossen auf dem ihnen von den ungarischen Königen zugewiesenen "Königsboden" einmalige Privilegien und Freiheiten (Sie waren "freie Bürger", nur dem König unterstellt), die im "Goldenen Freibrief" von 1224 festgehalten wurden. Von jedem neuen Ungarnkönig ließen sich die Siebenbürger Sachsen diesen Freibrief neu unterschreiben, bis zur formalen Abschaffung des Königsbodens im Jahre 1876 durch Ungarn.
Bis 1867* war Siebenbürgen (mehr oder weniger) autonom - auch als die Türkei** und später Österreich das Sagen hatten - und entwickelte blühende Städte und Dörfer - trotz ständiger Bedrohungen von außen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Österreich-Ungarn aufgelöst, etliche kleine Nationen bekamen ihre Nationalstaaten. Siebenbürgen wurde Rumänien angeschlossen, weil die Mehrheitsbevölkerung rumänisch war. Auch die deutschen Siebenbürger stimmten mehrheitlich dafür, denn das rumänische Königshaus war (von 1866 an bis heute) ein "Import" aus Deutschland. Außerdem hatten sich die Ungarn damals schon unbeliebt gemacht: durch den zunehmenden ungarischen Nationalismus, der mit der Unterdrückung aller Minderheiten im Lande einherging.
Das (leider nicht förderal sondern absichtlich hyper-zentralistisch angelegte) "Groß-Rumänien" hatte seine goldenen Jahre direkt am Anfang (in der Zwischen-Kriegs-Zeit), wurde dann aber in den 30ern mit eigenem Diktator (Antonescu) in Hitlers Super-Gau hineingezogen. 1944 konnte der König das Ruder herumreißen (Putsch), doch 1945 wurde Rumänien trotzdem sowjetisch besetzt. Durch die russischen Besatzer kam das "Lumpen-Proletariat" (Ein anderes gab es nicht.) aus dem lange türkisch unterdrückten, verarmten Süden Rumäniens (Walachei) an die Macht. Stalinistischer Terror und brutale, letztlich gescheiterte Industrialisierung folgten - das relativ hochentwickelte Siebenbürgen wurde auf das Niveau eines Entwicklungslandes heruntergewirtschaftet. Doch es ging noch schlimmer: Unter dem "verrückten" Ceausescu mutierte Rumänien ab 1971 zum Horrorstaat á la Nordkorea, versank nach der sogenannten Revolution 1989 in Korruption, Anarchie und Chaos. Das Diktatoren-Ehepaar wurde sofort erschossen, der restliche Machtapparat funktionierte aber in alten Strukturen weiter und plünderte das Land aus. Viele Ungarn und fast alle Siebenbürger Sachsen verliessen ihre Heimat aus nachvollziehbaren Gründen. Die rumänische Diaspora ist die schnellstwachsendste nach der syrischen! Bis zu 7 Millionen Staatsbürger (von knapp 20 Millionen) leben heute außerhalb des Landes.
Nur durch die Möglichkeit des EU-Beitritts bekam Rumänien und damit Siebenbürgen seit der Jahrtausendwende eine Zukunfts-Perspektive. Durch den Druck der EU wurden die Grundlagen für Demokratie und Rechtsstaat gelegt. Siebenbürgen ist seit 2007 eine europäische Region, in der sich auch Bürger anderer EU-Staaten niederlassen und die Investoren aus aller Welt anzieht. Es wäre schön, wenn die Entwicklung positiv weitergehen würde, aber das ist keineswegs sicher. Der Staat Rumänien steht auf wackeligen Füssen. Destabilisierungen kommen von innen und von außen. Die alte Nomenklatura - über die die Demokratie wie eine Naturkatastrophe hereingebrochen ist - ging bis vor kurzem offen auf Distanz zur EU. Die Angst vor dem übermächtigen Russland geht um, in Ungarn ist es kein Tabu mehr, die aktuellen Grenzen in Frage zu stellen***. Die Minderheit der Szekler fordert schon länger Autonomie (andere Siebenbürger neuerdings auch), Geburtenrückgang und Auswanderung könnten zum Kollaps des Landes führen, (nur eine Ethnie wächst - die der "Romi")...
Die Probleme sind vielfältig und nicht zu übersehen. Aber sie werden (langsam) angepackt. Jeder kann sehen, dass sich Rumänien europäisiert hat und heute eine Perspektive bietet. Die in den letzten Jahrzehnten ausgewanderten Siebenbürger Sachsen sollten sich fragen, ob die Gründe ihres Wegganges nicht entfallen sind und sie sich jetzt darum kümmern könnten, die Reste ihres Erbes zu erhalten und weiterzuführen.
*1867 büßten Sachsen und Szekler mit der Installation der k.u.k.-Monarchie ihre Sonderrechte ein, die "Magyarisierung" begann, nach 1918 im Königreich Rumänien die "Rumänisierung".
**Die viel beklagte Korruption soll hauptsächlich ein "Geschenk" der Türken gewesen sein. Jahrhundertelang wurden von den Sultanen griechische Adlige, die sogenannten Fanarioten, eingesetzt - mit der "Lizenz zum Plündern". Es entwickelte sich über lange Zeit eine Bereicherungs-Mentalität auf der einen, eine Untertanen-Mentalität auf der anderen Seite.
***Das Orban-Regime betrachtet die Einwohner Siebenbürgens als "Auslands-Ungarn" und bietet großzügig Pässe an, schätzungsweise eine halbe Million Siebenbürger, auch ethnische Rumänen, haben sich schon einen ungarischen Pass geholt.
http://www.adz.ro/artikel/artikel/rumaenien-im-vergleich-zu-anderen-osteuropaeischen-laendern
https://www.nzz.ch/international/europa/europaeische-zukunft-in-transsilvanien