Sprache(n)

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Bei der Gründung des "modernen Rumäniens" vor gut 100 Jahren hatte man einen einheitlichen Nationalstaat angestrebt. De facto ist Rumänien aber immer noch multiethnisch, multikultural, und multilingual – ...zum Glück, denn das macht einen Großteil des Reichtums und der Faszination des Landes aus. 

 

In manchen Gebieten (Harghita, Covasna) dominiert zwar das Ungarische*, trotzdem ist die Landessprache Rumänisch: Eine wahrhaft "internationale" Sprache, die vom Latein herkommt ("Vulgärlatein"),einer klaren Logik folgt (mehr Regeln - weniger Ausnahmen) und die durchaus erlernbar ist. "Rumänische" Wörter finden sich auch in anderen (vom Latein beeinflussten) Sprachen, z.B. im englischen Vokabular. 

 

Jedoch sind viele Wörter auch slawisch. Durch jahrhundertelange Fremdherrschaften, die Einwanderung von oder Vermischung mit  "Nicht-Latinos" wurde der Wortschatz slawisiert, im 19. Jahrhundert wieder (re-)latinisiert. (Slawische Begriffe werden heute eher für Kirche und alles Traditionelle verwendet). Auch aus dem Türkischen, Ungarischen und Deutschen sind ein paar Wörter im Rumänischen hängengeblieben. *Hin und wieder gab es Berichte über Diskriminierung in den Ungarn-Hochburgen, dass Kunden, die ihre Wünsche nicht ungarisch formulieren können, in Läden einfach nicht bedient wurden. Aber viele der 1,2 Millionen Ungarn in Siebenbürgen - auch Jugendliche - können kein Rumänisch! 

 

Die Sprache der Ureinwohner vor der römischen Kolonisation war das Dakische. Ein paar dakische Wörter kommen heute noch im Rumänischen vor. Zum Beispiel sind die Bezeichnungen für Rebstock (butuc) und Traube (strugure) dakisch - ein Beleg für den Weinbau in vorrömischer Zeit. 

 

Fast immer gibt es im Rumänischen für jedes Ding mindestens zwei oder drei Synonyme. Deshalb werden die Rumänen manchmal als "Wort-Millionäre" bezeichnet. Der Schriftsteller Mircea Cartarescu: "Wir leben von der Spannung zwischen den verschiedenen Schichten unserer Sprache. Die slawischen, griechischen, türkischen, ungarischen und deutschen Schichten unseres Sprach-Kuchens haben alle eine andere Färbung." Die Sprache ist "offen" in alle Richtungen und dadurch, dass Rumänen heute in aller Welt leben, nimmt sie ständig neue Wörter auf (was keinen aufregt). Italienische/spanische Wörter oder irgendwelche Latinismen kann man fast immer prima einfließen lassen.

 

Lustig und "autochton" rumänisch sind die als Nachsilbe angehängten bestimmten männlichen Artikel (lului...), Wörter mit drei "i" (copiii = die Kinder) oder der Wechsel der Sprecher zwischen Brust- und Kopfstimme. (Waschechte "Rumän-Innen" haben meist hohe Stimmen und sie sind eher klein, schlank und brünett...)

Rumänisch klingt gut - wegen der vielen Vokale. Man staune über die Ketten-Vokale, die auch genüsslich ausgeformt werden (oaia, cafeaua = das Schaf, der Kaffee)! 

Es gibt Dialekte und starke regionale Unterschiede, Sprechtempo und Betonung betreffend. Siebenbürger sprechen langsam und akzentuiert, mit einer Betonung, die an das Deutsche erinnert. Siebenbürgisches Schlüsselwort ist "fain" (= fein). 

 

Normalität in Siebenbürgen: die vielen mehrsprachigen Ortsschilder. Wohnen an einem Ort mindestens 20 Prozent Bürger einer bestimmten Minderheit (20 Minderheiten sind offiziell anerkannt), ist deren Sprache zusätzliche Amtssprache.  

 

Die Siebenbürger Sachsen sind zwar jetzt fast alle ausgewandert, aber in ihrem Siedlungsgebiet ist Deutsch "Kult" und öffnet außerdem berufliche Perspektiven und Türen in die Welt. Das deutschsprachige Schulsystem funktioniert auch nach dem Wegzug der Sachsen weiter und ist gut ausgebucht* - denn es wird von den Rumänen sehr geschätzt. Auch die evangelischen Kirchengemeinden, politischen und Kulturvereinigungen der Sachsen profitieren vom Interesse der Rumänen. 

Statistisch kommt bei der Kenntnis von Fremdsprachen das Deutsche rumänienweit auf Platz 2 nach Englisch, danach Französisch und Italienisch... (obwohl Rumänen wegen der Ähnlichkeit italienisch oder französisch viel leichter lernen...) 

*Seit 2015 gibt es das "Lehrerförderprogramm" der deutschen Bundesregierung. 735 Lehrer und 220 Erzieher an deutschsprachigen Schulen wurden im Jahr 2018 mit 1.35 Mill. Euro unterstützt. 

 

Die Sprache der Siebenbürger Sachsen (egal wo sie jetzt sind) nennt man übrigens "sächsisch", ein Mittelalter-Dialekt - auf dem Weg in´s Museum. Sächsisch ähnelt dem Luxemburgischen. Ob es wirklich eine direkte Verwandschaft von Siebenbürgern und Luxemburgern gibt, ist unter Fachleuten aber umstritten. Der (vermeintliche) gemeinsame Ursprung führte zur Ernennung von Sibiu und Luxemburg zur Kulturhauptstadt 2007. 

 

 

https://www.youtube.com/watch?v=ZWVZ9VvO0OU 

https://mdz-moskau.eu/rumaenen-lieben-ihre-sachsen

Foto: realitatea.net